zurück
Mehr zum Motiv ...

Die schwarze Spinne

Kreide auf Papier, 54x51 cm, unten rechts signiert
Seit 1931 im Besitz des Kunstmuseums Luzern

Jeremias Gotthelf wie auch Franz Karl Basler-Kopp verarbeiten beide gern und oft Gedankengut von Sagen. Im Falle der „Schwarzen Spinne“ nimmt Gotthelf die Sumiswalder-Sage „Die drei Rosse“ (vgl. „Schweizersagen“ von Arnold Büchli, Verlag Sauerländer, Aarau) als Ausgangspunkt für seine Erzählung, die er allerdings weit kühner spannt als die Sage, indem da, wo diese mit der Bestrafung des Bösewichts und der Wiederherstellung der Gerechtigkeit fast unvermittelt aufhört, jene mit der Prellung des Teufels um seinen Lohn erst richtig anfängt. Basler hat beide, die Sage und die Erzählung Gotthelfs, in dramatische Bilder umgesetzt.

In der „Schwarzen Spinne“ zeigt uns Basler jene Schlüsselszene, in der die junge Mutter ihr Kind, um das der Bocksbärtige betrogen worden ist, vor dem tödlichen Angriff der schwarzen Spinne beschützt. Basler hat die Szene aus dem trügerischen Schutz der häuslichen Stube, in welche die Spinne nach der Erzählung Gotthelfs eindringt, herausgerissen und ins schutzlose Freie verlegt, in eine düstere und kahle, die Gefahr damit betonende Umgebung vor den drohend überhöht dargestellten Ausläufern des Napfs. Die Frau ist allein mit ihrem Knaben, ausgeliefert, die heimatliche Geborgenheit der Dächer von Sumiswald ist unerreichbar in der Tiefe des Hintergrundes, davor die tödliche Spinne. Hier steht sie nun also, Auge in Auge mit ihrer giftigen, rotäugigen Schwägerin, die, vom geprellten Grünen zur Rache in furchtbarer Konsequenz des mit ihr geschlossenen Paktes in die Verantwortung genommen und selber wiederum zur Rächerin für den Verrat an dessen Sache bestellt, ihre eigenen, vertragsbrüchigen Leute, Dorf und Tal mit qualvoller Pest überziehen muss, und nun letztlich noch das Kind, wenn es der Böse denn schon nicht ungetauft bekam, ebenfalls qualvoll sterben lassen soll. Die junge Frau wusste, dass die Spinne eines Tages kommen würde, sie hat sie angstvoll erwartet. Sie wird sie nun in den nächsten Augenblicken packen, in ihrem Haus in das lange vorbereitete Loch eines Fensterpfostens sperren und dieses mit einem massiven Holzzapfen fest verschliessen. Ihre heldenhafte Tat wird sie mit ihrem Leben bezahlen, aber sie befreit Dorf und Tal von Tod und Verderben, die die schwarze Spinne über die Gegend gebracht hat.

Wann das Bild entstanden ist, ist nicht bekannt. Das Kunstmuseum Luzern hat es nach einer Ausstellung im ehemaligen Kriegs- und Friedensmuseum 1931 erworben. Es könnte aber sein, dass Basler dieses Werk schon länger geplant hat, wie die nebenstehende Scribble-Skizze in Briefmarkengrösse nahelegt. Diese dienten ja nicht als Vorlagen oder gar Pausvorlagen, sondern waren eher gedacht als eine Art visuelle Notizzettel, ein Aide-mémoire, um einmal zum Beispiel bei der Lektüre oder auf Reisen aufgekommene Bildideen nicht wieder zu vergessen. So klein die Skizze auch ist, so ist doch deutlich zu erkennen, dass der Maler die hier lediglich als Ansammlung von Bildinhalten festgehaltenen Elemente im ausgeführten Bild sehr viel bewusster im Hinblick auf die Erzielung einer beklemmenden Wirkung auf den Betrachter angeordnet hat mit der Positionierung der Spinne zwischen der Frau mit ihrem Kind und dem Dorf.