Der Lebensweg

Brambergstrasse 11 in Luzern,
der letzte Wohnort von Basler-Kopp; das Ehepaar
 Basler-Kopp zog am 11. März 1927 hier in der obersten Wohnung ein.

Es gibt eine „Kleine Lebensbeschreibung“ über Basler-Kopp, die von seiner Frau, Julia Basler-Kopp, nach seinem Tod verfasst worden ist. Leider finden sich in dieser Beschreibung kaum Daten und nur sehr wenige Hinweise, die eine Datierung wichtiger Stationen seines Lebens oder seines Schaffens erlaubten. Trotzdem wurde im Folgenden der Versuch unternommen, basierend auf diesem Dokument, einigen Briefen aus den Federn von Basler selber und seiner Frau sowie eigenen Recherchen in verschiedenen Archiven, seinen Lebensweg so gut wie möglich nachzuzeichnen.

Sonnenrain 23 in Luzern
Hier hat Basler-Kopp mehrere Jahre gewohnt, mit Sicherheit jedenfalls in der Zeit
von 1917 bis März 1927

Franz Karl Basler wurde als erstes von drei Kindern einer vom südbadischen Weizen zunächst nach Basel gezogenen Bauernfamilie am 17. Februar 1879 in Basel geboren. Kurz nach seiner Geburt kam die Familie nach Luzern, wo Karl in sehr ärmlichen Verhältnissen – der Vater war Pferdewärter und Fuhrmann, die Mutter Glätterin – aufwuchs und die Grundschule besuchte. Eine höhere Ausbildung wurde ihm nicht zuteil.

Infolge einer Infektion wurde seine rechte Hand noch während der Schulzeit verstümmelt. Obschon sie nicht völlig unbrauchbar wurde, und Basler von Geburt her eigentlich Rechtshänder war, wurde in der Folge seine linke Hand zur Haupthand, mit der er zeichnete und malte.

Nach verschiedenen, anfänglichen Irrwegen und Sackgassen bei der Berufswahl wurde Basler schliesslich auf das Schuljahr 1893/94 hin, also mit 14 Jahren, bis zum Schuljahr 1897/98 auf die Kunstgewerbeschule Luzern, in die damals eben neu gegründete Abteilung für Glasmalerei, geschickt. Hier begann er sich wohlzufühlen, wenn auch die Glasmalerei nicht eigentlich seine grosse Liebe war. Er fühlte sich mehr zur Malerei auf Leinwand und Papier hingezogen, der er sich während seiner ganzen Freizeit autodidaktisch widmete. Nach der Ausbildung besuchte Basler keine Schulen mehr und suchte auch keine Kontakte zu Kollegen. Er blieb zeitlebens ein zurückgezogener Einzelgänger.

Als er, neunzehnjährig, schliesslich als Mitarbeiter in eine Glasmalerwerkstätte eingetreten war, erkrankte er ein weiteres Mal an einer Infektion, diesmal eines Fusses, die sich in sehr gefährlicher Art entwickelte. Viel scheint nicht gefehlt zu haben, dass der Fuss hätte amputiert werden müssen. Diese neuerliche Erkrankung erwies sich aus späterer Sicht wie eine Fügung, indem den Eltern in dieser Lage ein junger Arzt empfohlen wurde, dem es in der Folge gelang, den Fuss zu retten und zu heilen. Dieser Arzt war Dr. Franz Kopp, der Gründer und Leiter des Bethanienheims an der Cysatstrasse in Luzern. Seine Schwester, Julia Kopp, hatte ihn bei den Krankenbesuchen jeweils begleitet, und in der Folge entwickelte sich zwischen Karl Basler und Julia Kopp eine tiefe Sympathie, die schliesslich im März 1905 zur Ehe führte. In der über 11 Jahre älteren Julia fand Basler eine Gefährtin, die „engsten Anteil an des Lebens schweren und stillen Kämpfen nahm“, wie es in seinem Nachruf heisst.

1912 und 1914 reiste Basler zweimal zu Studienaufenthalten nach München, wo er die öffentlichen und privaten Kunstsammlungen studierte. Anlässlich der ersten Reise beteiligte er sich an einer Ausstellung in München, nach welcher er von Ferdinand Avenarius, dem damaligen Herausgeber des „Kunstwart“, die Einladung zur Veröffentlichung einiger Bilder in dessen Zeitschrift bekam. Es war dies gleichzeitig der Beginn einer Freundschaft, die bis zum Tode von Avenarius 1923 dauern sollte, und während welcher sich die beiden über Kunstpflege und die Beziehung von Kunst und Volk und deren gegenseitige Entfremdung austauschten.

Seine künstlerische Freiheit bedeutete ihm alles ohne Rücksicht auf existentielle Fragen. So lehnte er ein Angebot der „Münchner Fliegenden Blätter“, bei ihnen die Stelle des verstorbenen Professor Vogel, ihres Märchenzeichners, anzutreten, ab. Die „Fliegende Blätter“ waren über den „Kunstwart“ auf ihn aufmerksam geworden. In der Folge fertigte er aber als frei schaffender Künstler verschiedentlich Arbeiten für die „Fliegende Blätter“. Für den Verlag Sauerländer war er aber doch über einige Jahre, von 1925 bis 1933, regelmässig tätig. Vor allem bekannt wurden seine Illustrationen zum dreibändigen Werk „Schweizersagen“  von A. Büchli, eine Arbeit, die ihm sichtlich zusagte und auch in seiner Malerei, beispielsweise in „Hexenhalfter“, Spuren hinterliess.

Illustration zu "Hufeisen und Haarflechte" aus den "Schweizersagen" von A. Büchli. Man beachte die Inschrift auf dem Grabkreuz in der Vergrösserung rechts! Band 2 des Werkes von A. Büchli, in dem diese Zeichnung enthalten ist, erschien 1928. Die Inschrift ist wohl als Ausdruck von Todesahnungen im Wissen um seine schwere Krankheit zu begreifen ist. Basler starb am ersten April 1937.

Basler hat sich von seiner bäuerlichen Herkunft her ein naturverbundenes Wesen bewahrt. Zusammen mit seiner Frau machte er alljährlich Ferien im Maderanertal, oft auch im Meiental, im Gadmental und in Grindelwald. Die Eindrücke dieser Aufenthalte schlugen sich in verschiedenen Bildern (zum Beispiel "Spannort", "Göschener Alp", "Grindelwaldner Gletscher") nieder. In der näheren Umgebung seines Wohnortes Luzern war er vor allem auf dem Pilatus, seinem Lieblingsberg, anzutreffen.

Es scheint, dass Basler-Kopp eine Zeit lang, wann ist uns nicht bekannt, eine Lebenskrise durchmachte. Seine Frau beschreibt diese Krise und ihre Überwindung folgendermassen: „Einmal wollte er an sich selber verzweifeln. Aber es wurde wieder hell um ihn, es kam eine grosse, eine heilige Sicherheit über ihn, die seine natürliche Tapferkeit aufblühen machte, und nie mehr von ihm wich. Er fühlte sich fest auf seinem Wege, einem eigenen guten und tapferen Wege, den er fürder ging, ohne nach rechts, ohne nach links abzuschweifen, auf dem Wege zu sich selbst, der immer auch der Weg ist zu Gott.“

Nach dem ersten Weltkrieg, vermutlich 1919, gewann Basler–Kopp durch eine kleine Ausstellung bei „Kunst & Spiegel“ in Zürich einen Gönner in der Person des ETH-Professors Dr. Adolf Tobler. Dieser erstand zuerst ein Tempera-Bild „Künstlers Geburt“ und in der Folge offenbar noch eine Reihe weiterer Bilder und Zeichnungen für seine Villa am Zürichberg, der heutigen, unter Denkmalschutz stehenden Jugendstil-Villa Tobler. Im Jahre 1922 ermöglichte er ihm ausserdem eine grössere Deutschlandreise, die ihn zuerst nach Freiburg im Breisgau zu seiner Schwester und dann nach Dresden führte, wo er Ferdinand Avenarius besuchte und die Kunstsammlungen der Stadt studierte. Avenarius, der Basler-Kopp bei aller Objektivität der künstlerischen Beurteilung sehr schätzte, überredete ihn zur Weiterfahrt über Hamburg an die Nordsee, wo er ihm sein Haus Uhlenkamp auf Sylt für einige Zeit zur Verfügung stellte.

Auch im Jahre darauf, 1923, war Basler–Kopp für ein paar Wochen auf Sylt, diesmal zusammen mit Ferdinand Avenarius. Es scheint, dass diese beiden Deutschlandreisen in vielen nordisch anmutenden Motiven von Baslers Bildern ihren Niederschlag gefunden haben (zum Beispiel "Fremde - Heimkehr", "Allerseelen in Nordfriesland", "Hochflut").

Gegen Ende seines Lebens, als eine schwere Krankheit sich schon länger bemerkbar gemacht hatte, tat sich auf Initiative von Dr. iur. Albert Zgraggen, Präsident des Obergerichts Luzern, ein Kreis von Freunden Baslers zusammen offenbar mit dem Ziel der Gründung einer „Fördervereinigung“, wie man heute vielleicht sagen würde. Dazu kam es indessen nicht mehr. Franz Karl Basler-Kopp nahm sich am 1. April 1937, unheilbar krank, das Leben. Auf seinen Wunsch wurde seine Asche auf dem Pilatus, seinem Lieblingsberg, beigesetzt.

Seine letzten Jahre hatte er sich, unbekümmert um die Wege der Zeitkunst um ihn herum, von der sich sein eigenes Schaffen immer mehr entfremdete, von der Welt fast völlig abgeschlossen, nur noch seiner Kunst und seinen Freunden zugewandt und sich mit Fragen der Kunstpflege beschäftigend, und ein wahres Einsiedlerleben geführt. Die Ausstellung von 1931 im alten Kriegs- und Friedensmuseum war seine letzte grössere, öffentliche Aktivität. Beim Lesen der Todesnachricht mag sich, wie es im Vorwort zur Gedächtnisausstellung von 1938 heisst, mancher nach dem äusseren Aussehen dieses Mannes erkundigt haben.

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