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Gottes Blut

Kreide auf Papier, 47x55 cm, oben links signiert
In Privatbesitz in Luzern

Dass es sich bei dieser Kreidezeichnung um eine simple Kartenspielerszene ohne tieferen Hintergrund handle, wie in der Familie der Besitzer überliefert, scheint uns nicht plausibel. Wir halten das Werk viel mehr für die Illustration einer Szene aus der Gründungslegende der Heiligblutkapelle in Willisau. Nach dieser Legende, jedenfalls nach jener, wie sie unter dem Titel "Gottes Blut" in den "Schweizersagen" von Arnold Büchli, Band 2, Seite 202 erzählt wird, haben im Jahre 1553 drei Männer vor dem oberen Stadttor von Willisau am Ufer der Wigger sich zum Kartenspiel gefunden. Einer von ihnen, Ulrich Schröter, hatte kein Glück an diesem Tag und drohte, als er seine letzten Münzen auf den Tisch warf, er werde, wenn er auch jetzt nicht gewänne, Gott im Himmel seinen Dolch in den Leib stossen. Er war überzeugt, dass er diesmal ein gutes Blatt in Händen hielte. Aber wieder verlor Schröter und rasend vor Wut schleuderte er sein Messer gegen den Himmel. Herunterkommen hat es keiner gesehen, hingegen fielen drei Blutstropfen vom Himmel direkt auf die auf dem Tisch liegenden Karten, und aus dem sich rasend schnell zu einem Gewittersturm verdunkelnden Himmel schnellte der Teufel aus einer schwarzen Wolke hervor, fasste Schröter mit seinen Krallen an der Kehle und zog ihn mit sich ins Verderben. Die beiden Anderen starben in der Folge eines schrecklichen Todes, der Eine unmittelbar bei seiner Verhaftung durch die Stadtwächter, der Andere durch Enthauptung.

Basler hält den dramatischen Moment fest, in welchem Schröter, offensichtlich, wie an seiner frevlerisch provokant zur Schau getragenen Spielerkappe erkenntlich, ein lasterhaft besessener Spieler, seinen schauerlichen Fluch ausstösst, während er nach Einsatz seines letzten Geldes gleichzeitig die erste seiner diesmal vermeintlich so guten Karten spielt. Der Dudelsackpfeifer links vom Tisch, der offenbar auf der Wiese vor dem Stadttor, wo noch viele andere Leute sich der Spielsucht hingeben und sich vergnügen, auf einige Batzen hofft, hat die Worte Schröters nicht gehört, er spielt munter weiter. Auch die beiden Personen im Hintergrund gehen vorerst ihren Geschäften nach, sie scheinen zum Trank, der schon beim Spieltisch steht, noch Speise vorzubereiten. Der erste der beiden Männer, die sich dem Tisch von rechts her nähern, allerdings hat die lästerlichen Flüche, wie sein bestürzter, zutiefst erschrockener Gesichtsausdruck beweist, sehr wohl vernommen. Aus dem Busch hinter dem Tisch heraus erscheint drohend und mahnend in heiligem Zorn das Gesicht des Gelästerten, der dem Gesellen offenbar trotz allem eine letzte Chance zu geben scheint, aber mit seiner rechten Hand, die schon kaum mehr wie eine Hand Gottes aussieht, sondern eher wie die Krallen des Bösen, unmissverständlich das strafende Geschehen andeutet, das er für den Fall der weiteren Versündigung Schröters nicht verhindern würde.

Es gibt in der Heiligblutkapelle in Willisau acht Öltafeln zu dieser Gründungslegende, auf welchen in je acht Zeilen in gereimter Form das Geschehen erklärt wird. Im Unterschied zu der von A. Büchli überlieferten Sage datieren diese Tafeln den Frevel ins Jahr 1392. Die Kartenspieler spielen hier mit deutschen Karten, wie das in Willisau wohl immer üblich war und nicht mit französischen, wie von Basler dargestellt. Die vom Himmel fallenden Blutstropfen, es sind hier fünf und nicht drei, fallen auf den Tisch. Der Pfarrer soll sie aus dem Tisch herausgeschnitten und sie in einer Monstranz in der Kapelle aufbewahrt haben.